5 Schritte zur Digitalisierung und warum man die Cloud zunächst einmal vergessen kann

17.04.2020

Wird von Industrie 4.0 gesprochen, denken viele sofort an die Cloud. Das ist aber nur die Spitze des Eisbergs. Digitalisierung beginnt im Feld, beim einzelnen Sensor, die Cloud kommt später. Im Feld ist Connectivity gefragt. Das Beste: diese „Vernetzungsfähigkeit“ ist oft ohnehin schon da – es weiß nur kaum jemand. So wird bereits mit sehr geringem Aufwand manch bestehende Maschine deutlich intelligenter. Bei Sick gibt es den ersten Quantensprung in Richtung Digitalisierung schon um unter 300 Euro – für Alt- und Neuanlagen.

Die Cloud ist in aller Munde. Die „große Wolke“ wird zunehmend zum virtuellen Mittelpunkt von Industrie 4.0. Damit einher geht oft auch Unbehagen. Denn wer will schon, dass seine wertvollen Daten im Internet herumgeistern. Zumindest wenn es um die Fertigung geht – privat ist mancheiner da ja etwas weniger zurückhaltend. Die Bedenken sind durchaus nachvollziehbar und auch berechtigt. Denn – die Berichte in den Medien zeigen es immer wieder – „Big Brother“ schaut uns über die Schulter. Oder besser gesagt ins Unternehmen und in seine bestgehütetsten Geheimnisse. 

 

Von unten nach oben

Amerikaner, Chinesen, Russen und der Rest der Welt – das große „Ausspähen“ hat längst begonnen. Allerorts und ständig werden unerlaubt Daten abgegriffen – von wem auch immer. Verständlich, dass das aus Sicht vieler Unternehmenslenker ein echter Hemmschuh ist und man lieber erst mal Vorsicht walten lässt. Dabei wird aber oft zu viel in einen Topf geworfen. Denn Digitalisierung heißt nicht unbedingt auch Cloud. Und vor allem ist nicht jede Cloud der Anfang vom Ende. Jedenfalls aber sollte der Startschuss für Industrie 4.0 aus technischer Sicht am ganz anderen Ende erfolgen – auf der Feldebene, nahe an den Komponenten der Maschine. Denn da schlummert großes Potenzial, das im ersten Schritt schnell gehoben werden kann – auch ohne viel Geld in die Hand zu nehmen.

 

5 zentrale Fragen

„Wie kommt man zu Daten mit Mehrwert? Was passiert? Warum passiert es? Was wird passieren? Und wie können automatisierte Maßnahmen oder Reaktionen erfolgen? Diese Fragen bilden die Leitlinie der fünf Meilensteine zur Digitalisierung“, so Rene Pfaller. Der Leiter Produktmanagement bei Sick Österreich erläutert: „Die Antworten führen in fünf Schritten in Richtung Digitalisierung – man sollte dabei aber unbedingt auf die richtige Reihenfolge achten. Denn es gilt: Ohne Sensoren und Konnektivität gibt es keine Daten – ohne Daten keine Visualisierung und Transparenz – und ohne Digitalisierung keine Industrie 4.0. Darum sollte das Nachdenken über die Fertigung der Zukunft nicht bei der Cloud beginnen, sondern am anderen Ende, bei der Sensorik im Feld.“ 

 

5 Schritte in die Zukunft

Daten mit Mehrwert erhält man durch „Konnektivität“, vernetzungsfähige Komponenten. Sensoren rücken dabei besonders in den Fokus, denn sie sind der Informationslieferant Nummer 1. „Visualisieren / Sichtbarkeit“ ist der zweite Schritt und beantwortet die Frage, was vor Ort passiert. Erst dann kann man sich dem Thema „Transparenz bzw. Verstehen“ widmen. Damit wird geklärt, warum etwas passiert. Wenn man das verstanden hat, kann man in die Zukunft blicken und mit „Prognosefähigkeit“ voraussagen, was künftig passieren wird. Das ist dann die Grundlage für den fünften Schritt – das automatisierte Durchführen von Reaktionen oder Maßnahmen, also die „Adaptierbarkeit und Selbstoptimierung“.

 

 

Evolution der Digitalisierung

Keiner dieser fünf Schritte bzw. technischen Ausbaustufen lässt sich überspringen. Die Entwicklung folgt einer klaren Evolution – in der Praxis und in der Theorie. Erst wenn die unteren Stufen erreicht wurden, lässt sich die nächste Ebene erklimmen. Rene Pfaller: „Connectivity ist die solide Basis für alle weiteren Stufen. Ist ‚Industrie 3,9‘ direkt an der Komponente, also am letzten Meter gelöst, dann geht’s weiter. Darum wird es auf dem Weg zur Digitalisierung unterhalb vom Feldbussystem dank IO-Link richtig spannend.“

 

Sensoren – die Lieferanten der Daten

Gefragt sind intelligente Sensoren, die in der Lage sind, über das gewöhnliche I/O Signal hinausgehend, bidirektional zu kommunizieren. Bei komplexeren Sensoren mit digitalen Schnittstellen ist das meist kein Problem. Was ist aber mit klassischen I/Os und analogen Sensoren? Hier kommen IO-Link und die smarten Sensoren von Sick ins Spiel. Retrofit ist angesagt, denn smarte Sensoren eröffnen interessante Möglichkeiten und schaffen Mehrwert. Sie erfassen reale Betriebszustände, wandeln diese in digitale Daten um und stellen sie der Prozesssteuerung zur Verfügung.

Sick setzt dabei auf vier entscheidende Dimensionen. Enhanced Sensing, das bedeutet beste Sensorperformance für stabile Prozesse. Dazu kommt eine höchst effiziente Kommunikation für mehr Flexibilität und Transparenz bis in die unterste Feldebene. Das sind die „Basics“ für jeden smarten Sensor von Sick. Zudem bieten einige „Smart Sensors“ Diagnose- und / oder Smart-Task-Funktionalitäten für maßgeschneiderte Informationen direkt aus dem Sensor.

 

IO-Link – oft schon da aber nicht im Einsatz

Wer nun glaubt, dass er für IO-Link richtig tief ins Börserl greifen muss, der irrt. Denn IO-Link ist oft schon da – ohne dass man es weiß. Rene Pfaller: „Der Großteil unserer Standardsensoren ist bereits seit vielen Jahren mit IO-Link ausgestattet. Es wird auf älteren Maschinen nur einfach nicht verwendet. Dabei fehlt nicht viel zum digitalen Quantensprung. Man braucht nur einen IO-Link Master (Sensor Integration Gateway SIG 200) oder ein IO-Link Device (SIG100) und schon hat man das Tor zu Industrie 4.0-Funktionen und dezentraler Intelligenz außerhalb der Steuerung geöffnet. Und da sprechen wir von wirklich geringen Kosten. Schon unter 300 Euro geht’s los.“

 

Riesiger Sprung um kleines Geld

Für Einsteiger in die digitale Welt bietet Sick ein praktisches ‚Starter Kit‘ um 290 Euro netto. Das Set beinhaltet den IO-Link Master SIG200, einen induktiven sowie einen optischen IO-Link Sensor (IMC und WLG16) inklusive Reflektor. Auch alle benötigten Anschlussleitungen und eine Spannungsversorgung sind bereits im Set enthalten. Zudem gibt es eine kostenlose Testversion der Software FieldEcho für bis zu 4 Ports. Damit ist die Parametrierung und Überwachung aller IO-Link Geräte einer Anlage möglich. Rene Pfaller: „Dieses ‚Package‘ ist unschlagbar. Es ermöglicht den perfekten Start für alle, die sich bisher noch nicht mit IO-Link beschäftigt haben. Damit geht’s direkt in die Praxis.“

 

Advanced Connectivity 

Noch mehr Konnektivität gefragt? Kein Problem zum Beispiel via REST API – einer Schnittstelle für Representational State Transfer – im SIG200. Sie orientiert sich an den Standards des „www“ und ermöglicht eine zuverlässige Netzwerkkommunikation zwischen Servern und Clients. Die ideale Grundlage für vernetzte Anwendungen in der Industrie und ein praktischer Weg, um Informationen von einem „intelligenten“ Feldgerät abzurufen. So kann man sie beispielsweise in einer Visualisierung anzeigen, Sensoren konfigurieren und an ERP, MES oder sonstige Cloud-basierende Systeme anbinden.

 

Ist da jemand?

Ein weiteres praktisches Tool ist FieldEcho von Sick. Es erkennt unabhängig von der verwendeten SPS, dem Feldbus und dem IO-Link Master alle IO-Link-Teilnehmer sämtlicher Hersteller in einer Maschine automatisch und lädt auch gleich die passenden Gerätebeschreibungen (IODD) herunter. Damit ist aber noch lange nicht Schluss. Mit FieldEcho lassen sich IO-Link-Teilnehmer über ihren gesamten Lebenszyklus unabhängig vom Steuerungssystem bzw. Feldbus parametrieren und überwachen. Die IO-Link-Gerätedaten werden gelesen, geschrieben und dem FieldEcho-Frontend bereitgestellt. Dank der REST API sind die Daten auch für Anwendungen von Drittanbietern zugänglich. Selbstverständlich funktioniert FieldEcho auch on-premises, also im eigenen Netzwerk ohne Internetverbindung.

 

 

Visualisieren – sehen was los ist 

Was passiert auf meiner Maschine? Das ist eine Frage, die bisher nicht immer eindeutig zu beantworten war. Die Digitalisierung sorgt hier in Ausbaustufe zwei für echte Lichtblicke, denn sie bietet Informationen, die bis dato nicht zur Verfügung standen. Mit der passenden Visualisierung wird alles übersichtlich und nachvollziehbar. Hier punktet FieldEcho Dashboard mit einer modernen, webbasierten grafischen Benutzeroberfläche, das entweder über Browser dargestellt werden kann oder in das HMI einer Maschine integriert werden kann. Es visualisiert alle konfigurierten IO-Link-Master sowie angeschlossenen IO-Link-Sensoren bzw. -Aktuatoren und bietet einen detaillierten Einblick in die Daten – Alarmfunktionen inklusive.

 

Plug-and-play Condition Monitoring

Beste Visualisierung bietet auch die Monitoring Box. Sie erlaubt einfaches plug-and-play Condition Monitoring und Analysen von Daten ohne die Notwendigkeit von Programmierkenntnissen. Datenhistorie und Dokumentationen sowie Alarmfunktionen sind selbstverständlich ebenfalls an Bord. So reduziert man ungeplante Maschinenausfälle, senkt die Stillstandszeiten und erhöht damit die Maschinenverfügbarkeit. 

 

Transparenz – warum passiert etwas?

Noch weiter geht es in Ausbaustufe drei. Da wird aus vielen Einblicken ein Durchblick. Hier sorgen durchdachte Software-Lösungen für Transparenz und ermöglichen so das Verstehen der Zusammenhänge. Dabei punktet Sick wieder mit FieldEcho und der Monitoring Box. Anhand von Datenaufzeichnungen oder Events können Rückschlüsse gezogen werden. So kann man zum Beispiel auf Grund veränderter Signale von einem Sensor einen Wartungsbedarf erkennen, wie beispielsweise eine dringend anstehende Reinigung eines Sensors.

 

Prognosefähigkeit – was wird passieren?

In die Zukunft blickt Sick mit seinen fortschrittlichen Analytics-Lösungen in Stufe vier. Anwendungsorientierte Software-Pakete ermöglichen Vorhersagen auf das, was passieren wird. Etwa das künftige Versagen einer Komponente oder die Planung eines Service-Intervalls, damit es erst gar nicht so weit kommt. Anschauliche Beispiele dafür finden sich in der Paket-Logistik oder auf Flughäfen im Gepäckbereich. Hier sorgt „Baggage Analytics“ unter anderem für eine zuverlässige Validierung der Unversehrtheit von Gepäckstücken an wichtigen Betriebspunkten oder für eine schnellere Lokalisierung von fehlgeleitetem Gepäck. Beim Paket-Handling geht es ebenfalls um das Logistikmonitoring und die zugehörige Diagnose. Damit sorgt „Analytics“ für eine höhere Systemperformance, eine Beschleunigung von Entscheidungsprozessen und eine verbesserte Lieferanten-Compliance dank einfachem Bild- und Datenaustausch. 

 

Adaptierbarkeit – Maschinen optimieren Maschinen

Automatisierte Reaktionen und Maßnahmen stehen im Fokus der finalen Stufe fünf. Das verlangt nach entsprechend innovativen Software-Lösungen, wie zum Beispiel einer Künstlichen Intelligenz (KI), die eine Maschine laufend überwacht und optimiert. Das ist zwar im Großen und Ganzen noch Zukunftsmusik, ausgesuchte Beispiele und Anwendungen gibt es aber schon heute. So setzt Sick etwa in der Bildverarbeitung auf Deep Learning. Dabei können Abweichungen von einem angelernten Bild oder Ablauf erkannt werden, ohne dass diese Fehler zuvor definiert oder charakterisiert werden müssen. Das erspart aufwendiges Programmieren und eröffnet gänzlich neue Möglichkeiten. Auch die Utopie von Losgröße 1 auf einer sich gänzlich selbstadaptierenden Maschine wäre in dieser Ausbaustufe angesiedelt. 

 

Analog goes digital

Zusammenfassend lässt sich sagen, der Trend ist klar: analog war gestern – die Zukunft ist digital. Damit spielt IO-Link seine Stärken aus. Das geht aber nicht von 0 auf 100 im Hauruck-Verfahren. Digitalisierung ist ein Evolutionsprozess, der Zeit benötigt und mit kleinen Schritten beginnt. Darum ist die Cloud am Anfang nicht das zentrale Thema. 

Der Tipp vom Experten: Man sollte von unten nach oben arbeiten, also bei der Sensorik der Maschine starten. Die Hürden sind kleiner als man denkt und selbst bestehende Anlagen haben oft mehr „Connectivity” an Bord, als man auf den ersten Blick sieht. Schon der Einsatz von weniger als 300 Euro kann ausgesuchte Bereiche einer Maschine ins digitale Zeitalter katapultieren und somit deutlich zur Wirtschaftlichkeit einer Anlage beitragen. Sick unterstützt seine Kunden dabei mit speziellen Starter Kits, Schulungen, Praxisbeispielen und begleitet sie bei Pilotanwendungen – so geht es Step by Step in die Zukunft 4.0.

 

Der Artikel erschien im Magazin Austromatisierung, Ausgabe 2/2020.

SICK Sensor Blog
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Rene Pfaller

Teamleiter Produkt Management

Rene Pfaller ist seit 2011 bei SICK beschäftigt. Er ist verantwortlich für das Produktmanagement bei SICK Österreich und hat zusammen mit seinem Team verschiedene Aufgaben von der Entwicklung bis zur Einführung neuer Produkte, Systeme und Dienstleistungen für unsere Kunden. Darüber hinaus ist er Experte für Industrie 4.0- und IIoT-Themen.

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