Praxistest mit neuen SICK-Encodern am Sperrwerk Oosterschelde

03.11.2021

Seit vielen Jahren werden die Niederlande, und insbesondere die niederländische Provinz Zeeland, von den Deltawerken gegen Nordsee-Hochwasser geschützt. Eine besonders wichtige Funktion kommt dabei seit 1986 dem Sperrwerk Oosterschelde zu. Bei schnell steigenden Wasserpegeln der Nordsee können im Sperrwerk innerhalb kurzer Zeit 62 Schutztore abgesenkt werden. Damit diese Tore einwandfrei funktionieren, müssen ihre Bewegungen vollkommen lotrecht erfolgen. Die Überwachung der Bewegungen erfolgt mit Encodern von SICK. Nach 25 Jahren tadellosem Betrieb erfolgte nun ein Austausch der bisherigen Encoder durch Siemens Mobility im Auftrag der Wasserbehörde Rijkswaterstaat. Es wurden neue Modelle eingebaut, die SICK speziell für das Sperrwerk Oosterschelde entwickelte.

Die Tore des Sperrwerks Oosterschelde werden mit Encodern von SICK überwacht, um zuverlässig Schutz gegen Nordsee-Hochwasser zu bieten.
Die Tore des Sperrwerks Oosterschelde werden mit Encodern von SICK überwacht, um zuverlässig Schutz gegen Nordsee-Hochwasser zu bieten.

Wie funktioniert das System genau? Die 62 Schutztore des Sperrwerks Oosterschelde sind beidseitig in die Kolbenstangen eines Hydraulikzylinders eingehängt. Die Kolbenstangen wiederum sind über Kardangelenke mit Pfeilern verbunden. Die Steuerung der Tore erfolgt lokal mit Regelcomputern. Die einzelnen Tore sind 45 Meter breit und zwischen 5 und 15 Meter hoch. Mit den Encodern wird bei allen Torbewegungen kontinuierlich gemessen, ob die Tore gerade fahren. Diese Kontrolle ist äußerst wichtig, denn wenn die Tore verkanten, besteht die Gefahr erheblicher Schäden an den Pfeilern oder der Gesamtkonstruktion.

Minimale Abweichungen sind durchaus zulässig, werden aber von den Regelcomputern sofort korrigiert. Dazu werden die einzelnen Kolbenstangen entsprechend stärker angehoben oder abgesenkt. Bei jedem einzelnen Tor werden auf Nord- und Südseite jeweils die Höhen gemessen. Dazu sind an den gegenüberliegenden Torkanten jeweils drei Encoder montiert.

 

Umfangreiches Prüfprogramm: 720 Stunden
Dauerbelastungstest mit Bravour bestanden

Siemens Mobility, Rijkswaterstaat und SICK haben den Austausch der Encoder systematisch und gründlich vorbereitet. Zunächst wurden die Prototypen der Encoder – kundenspezifische Sonderanfertigungen von SICK – einem Inhouse-Test bei Siemens Mobility in Zoetermeer unterzogen. In einer speziell entwickelten robusten Testanlage wurde das Öffnen und Schließen der Tore unter Berücksichtigung aller Anforderungen der Maschinenrichtlinie simuliert. Dabei wurden die Encoder 720 Stunden lang einem Dauerbelastungstest unterzogen.

„Wir haben bei diesem Belastungstest auch berücksichtigt, dass die Spannungsversorgung zwischen 13 und 30 Volt schwanken kann“, sagt Piet van Stee, Technischer Leiter von Siemens Mobility. Die Encoder von SICK haben den Inhouse-Test mit Bravour bestanden: Sie übermittelten zuverlässig die erwarteten Werte.

Testaufbau, ©Studio Oostrum
Testaufbau, ©Studio Oostrum

Testaufbau, ©Studio Oostrum

 

Temperaturschwankungen und Meerwasser:
Betriebsversuche in der Praxis

Nach den Simulationstests wurde es im September 2020 Zeit für den nächsten Schritt: den Betriebsversuch im Feld. Dazu installierte Siemens Mobility sechs Encoder-Prototypen direkt im Sperrwerk Oosterschelde. Auf drei Toren wurden an den gegenüberliegenden Kanten die ursprünglichen Encoder gegen neue Modelle getauscht. Während der Sturmsaison, also bis Ende April 2021, führte Rijkswaterstaat gründliche Prüfungen durch.

Anders als in der Inhouse-Simulationsumgebung sind die Encoder am Sperrwerk starken Temperaturschwankungen, Meerwasser und anderen Umwelteinflüssen ausgesetzt. Diesen Belastungen sind die Encoder gewachsen, sagt Maarten Braadbaart von SICK: „Die speziell entwickelten Encoder sind resistent gegen die Temperaturen am Ostschelde-Sperrwerk. Ihre Gehäuse bestehen aus salzwasserbeständigem Aluminium und sie sind weitgehend unempfindlich gegenüber elektromagnetischer Strahlung.“

Van Stee freut sich über die produktive Zusammenarbeit von SICK mit den Ingenieuren von Rijkswaterstaat.
Van Stee freut sich über die produktive Zusammenarbeit von SICK mit den Ingenieuren von Rijkswaterstaat.

 

Erwartungen bestätigt: keine Abweichungen

Schon bald wird Rijkswaterstaat die Werte der neuen Encoder systematisch mit den Werten der Bestands-Encoder vergleichen. Die bisher ermittelten Zwischenergebnisse bestätigen die Erwartungen von SICK: In den ersten Monaten des Betriebsversuchs wurden keine Abweichungen registriert. Und falls doch noch Abweichungen erkannt werden sollten? Van Stee: „In diesem Fall werden wir uns, wenn möglich, die Situation vor Ort ansehen. Rijkswaterstaat kann dann entscheiden, den betreffenden neuen Encoder wieder durch das ältere Modell zu ersetzen. Anschließend untersuchen wir in unserer Prüfanlage, ob der neue Encoder möglicherweise defekt ist. In diesem Fall wird er bei SICK weiter analysiert.“

 

Viele Jahre störungsfreier Betrieb

Wenn der Betriebsversuch mit einem positiven Gesamtergebnis abgeschlossen wird, werden durch Siemens Mobility ab alle SICK-Encoder aus dem Bestand gegen 372 neue Modelle ausgetauscht. SICK hat sich auf die Anforderungen dieses engen Zeitplans bereits eingestellt. Siemens Mobility wird nicht nur für den Austausch der Encoder, sondern auch zwanzig Jahre lang für die Wartung verantwortlich sein. Zu den Wartungsaufgaben gehören auch regelmäßige Inspektionen der eingelagerten 25 Ersatz-Encoder. Diese Encoder müssen von Siemens Mobility alle fünf Jahre geprüft werden.

 

Produktive Zusammenarbeit aller Beteiligten

Van Stee freut sich über die produktive Zusammenarbeit von SICK mit den Ingenieuren von Rijkswaterstaat: „Es macht Spaß, mit Auftraggebern arbeiten zu können, die fachlich auf Augenhöhe sind. Wir haben gemeinsam nach Möglichkeiten gesucht, die technischen Grenzen zu verschieben. Rijkswaterstaat war offen für Modifikationen, wenn wir diese gut begründen konnten. Diese enge Zusammenarbeit hat alle Beteiligten weitergebracht.“

 

Ein Herz für Zeeland

Das Projekt Sperrwerk Oosterschelde ist für Piet van Stee nicht nur wegen seiner technischen Herausforderungen etwas ganz Besonderes. Weil er selbst aus der Provinz Zeeland stammt, fühlt er sich den Deltawerken eng verbunden. „Von der Hochwasserkatastrophe 1953 war auch unsere Familie stark betroffen. Die Errichtung des Sperrwerks Oosterschelde habe ich hautnah miterlebt.“

„Ich bin stolz darauf, dieses besondere Projekt von der Ausschreibung bis zur Ausführung betreuen zu dürfen. Nach der Installation der SICK-Encoder gebe ich die Instandhaltung vertrauensvoll in die Hände unserer Serviceabteilung. Seit zwanzig Jahren leisten wir mit unseren qualifizierten Mitarbeitern und unserem Wissensschatz einen herausragenden Service für das Sperrwerk. So sorgen wir gemeinsam mit SICK dafür, dass das Sperrwerk Oosterschelde jederzeit zuverlässig arbeitet.“

 

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