Der „sehende“ Cobot: 2D-Positionsbestimmung mit Roboterführungssystem

27.04.2023

Mitsubishi Electric und SICK haben gemeinsam eine besonders flexibel einsetzbare und einfach zu bedienende Roboteranwendung entwickelt. Der Schlüssel ist eine Kamera in Verbindung mit spezieller Software zur Integration.

Roboter übernehmen in der industriellen Fertigung Aufgaben, die für Menschen zu mühsam oder zu gefährlich sind, und sorgen so dafür, dass diese sich komplexeren Aufgaben widmen können, die mehr Kreativität und menschliche Intelligenz erfordern. Derartige Automatisierungslösungen gewinnen zunehmend an Bedeutung – doch scheuen sich gerade kleine und mittelständische Unternehmen oft vor der Investition, da die Roboter wenig flexibel einsetzbar, aufwendig zu programmieren und verhältnismäßig teuer sind.

Anders gestaltet es sich bei der Anwendung, die SICK und der Roboterhersteller Mitsubishi Electric jüngst im Auftrag des Systemintegrators Wietec für einen Kunden entwickelt haben: „Aufgabenstellung war, einen Roboter dazu zu befähigen, kleine Grundkörper für Zahnimplantate, die aus der Drehmaschine auf einen Teller fallen, zu greifen und auf Pins in einem Tray zu stecken“, erklärt Andreas Fritzsche, Technical Industry Manager bei der SICK AG.

Der Roboter greift kleine Grundkörper für Zahnimplantate, und steckt diese auf Pins in einem Tray.
Der Roboter greift kleine Grundkörper für Zahnimplantate, und steckt diese auf Pins in einem Tray.

Ergebnis einer intensiven Zusammenarbeit

Dass der Cobot – so nennt man einen Roboter, der mit Menschen zusammenarbeitet – das nun völlig selbstständig kann, ermöglicht ihm eine Kamera von SICK in Verbindung mit einer Funktionsbibliothek, die von Mitsubishi passend für deren Engineering-Software entwickelt wurde: Die Kamera ist direkt an dem Greifer des Assista, eines MELFA-Roboters („MELFA“: kurz für Mitsubishi Electric Factory Automation), platziert. Mit diesen „Augen“ sieht der Cobot genau, wo und wie die Werkstücke auf dem Teller liegen. Die Software sorgt dafür, dass er seinen Endeffektor entsprechend ausrichtet, die Grundkörper präzise greift und auf die Pins im Tray steckt. Diese gemeinsam entwickelte Lösung ist das Ergebnis einer intensiven und vertrauensvollen Zusammenarbeit von SICK und Mitsubishi Electric. Die beiden Unternehmen verbindet bereits seit mehreren Jahren eine Partnerschaft; zudem konnten sie in anderen gemeinsamen Projekten Erfahrungen mit dem SICK-Kamerasystem PLOC2D sammeln.

Dieses kommt jetzt auch in dieser Anwendung zum Einsatz. Die Software, die es in vergleichbarer Form bisher noch nicht gab, hat für Mitsubishi Electric zudem besondere Bedeutung: „Mit der Entwicklung der Funktionsbibliothek haben wir einen wichtigen Grundstein für die schnelle und einfache Anbindung einer PLOC2D-Kamera an einen MELFA-Roboter gelegt“, sagt David Beuter, Team Leader Application Engineer, Mitsubishi Electric Europe B.V. Der große Vorteil dieser Lösung ist, dass der Cobot dank seiner Fähigkeit zu „sehen“ selbstständig mit den unter schiedlichsten Ablageorten der zu greifenden Teile zurechtkommt. Dazu kommt: Die Anlage ist extrem einfach zu bedienen und lässt sich problemlos auf variierende Aufgaben – etwa, wenn die Größe des zu greifenden Werkstücks sich ändert – einrichten. „Dies erfolgt über eine grafische Web-Bedienoberfläche, welche die Kamera bietet, und ist dank der sogenannten ‚Brushtechnologie‘ ganz einfach, intuitiv und in kürzester Zeit möglich“, erklärt Marcus Fuchs, Projektleiter Robotik von Wietec.

Systemlösungen
Benutzerfreundliches und flexibles Sensorsystem für Teilelokalisierung
PLOC2D
Das Roboterführungssystems PLOC2D ist einfach Einzurichten und somit ein großer Vorteil für die Kunden.
Das Roboterführungssystems PLOC2D ist einfach Einzurichten und somit ein großer Vorteil für die Kunden.

Einfache Bedienbarkeit und Einrichtung

Björn Wied, Geschäftsführer von Wietec, sieht darin ein entscheidendes Verkaufsargument: „Das einfache Einrichten des Roboterführungssystems PLOC2D ist für unsere Kunden ein großer Vorteil, da diese selten über ausreichend qualifiziertes Personal im Bereich Automatisierung verfügen.“ Zur einfachen Bedienbarkeit und Anpassungsfähigkeit des Systems gesellt sich noch eine dritte überzeugende Eigenschaft: Der Cobot ist dank ausklappbaren Rollen frei in der Produktionshalle bewegbar. Damit kann er flexibel da eingesetzt werden, wo er gerade gebraucht wird: im Falle des Herstellers der Zahnimplantatteile zum Beispiel an acht verschiedenen Stationen in seiner Fertigung.

Insgesamt eine hochflexible Lösung also, die es möglich macht, Personalengpässe in der Produktion noch besser abzufedern und Arbeitszeiten bzw. notwendige Zusatzkapazitäten besser zu planen. Aufgrund der Vereinfachungen macht diese Lösung den Einstieg in die Robotik für Produktionsunternehmen deutlich interessanter: „Bisher war Kameraführung für Roboter aufwendig und teuer, auch da zur Programmierung meist Spezialisten nötig waren. Mit unserem Ansatz, einen ‚sehenden‘ Cobot benutzerfreundlich zu machen, haben wir diese Hürde deutlich herabgesetzt. So bereitet unsere Lösung den Weg zur flexiblen Produktion“, sagt Andreas Fritzsche. Denkbar ist es, die Anwendung zukünftig dahingehend auszuweiten, dass der Cobot auch Sortieraufgaben übernimmt.

Eine starke Partnerschaft - Mitsubishi Electric und SICK

Mitsubishi Electric und SICK arbeiten bereits seit mehreren Jahren eng zusammen. Seit 2021 ist SICK offizieller Partner der e-F@ctory Alliance von Mitsubishi Electric. Das globale Netzwerk hat mehr als 300 Mitglieder und vereint Hersteller von Industrie-komponenten, Systemintegratoren und Softwareanbieter. Die e-F@ctory- Alliance-Partner arbeiten gemeinsam an optimierten Lösungen für indivi-duelle Kundenanforderungen. Vor allem in den Bereichen industrielle Bildverarbeitung und Sicherheitstechnik kooperieren SICK und Mitsubishi Electric bei der Entwicklung innovativer Lösungen.

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