„Der heilige Gral der Mensch-Roboter-Kollaboration”

24.05.2022

Jahrelang war der Einsatz von Robotern in der Produktion ein Bild, das einem vor allem in der Automobilindustrie begegnete. Hinter hohen Zäunen montierten riesige Roboterarme schwere Karosserieteile. Doch die Roboter haben sich verändert und ihre Aufgaben decken heute ein sehr breites Spektrum ab. Die flexible Zusammenarbeit von Menschen und Robotern ist dabei die Krönung - ohne Zäune, ohne vorprogrammierte Abläufe und trotzdem jederzeit sicher. Was es dazu braucht, erklärt Fanny Platbrood, Head of Strategic Product Management für Safety Systems und Services.

Fanny Platbrood, Head of Strategic Product Management für Safety Systems und Services bei SICK
Fanny Platbrood, Head of Strategic Product Management für Safety Systems und Services bei SICK
Fanny Platbrood, Head of Strategic Product Management für Safety Systems und Services bei SICK
Fanny Platbrood, Head of Strategic Product Management für Safety Systems und Services bei SICK

Roboter treiben seit Jahrzehnten die industrielle Automation voran. „Während sie in den 1970ern noch überwiegend für schwere Lasten im Einsatz waren, haben wir mit der Zeit eine erstaunliche Entwicklung beobachtet. Die Roboter wurden kleiner wendiger, flexibler und können Arbeiten in hoher Taktzahl verrichten. Das hat ihre Einsatzbereiche enorm erweitert“, sagt Fanny Platbrood und ergänzt: „Roboter finden sich heute in nahezu jeder Industrie. Gerade auch dort, wo es um Präzision geht, wie zum Beispiel in der Elektronikindustrie, in der kleinste Bauteile verarbeitet werden.“

 

Kollaborative Roboter schaffen neue Möglichkeiten

Als der erste kollaborativen Roboter 2008 auf den Markt brachte, eröffnete sich eine völlig neue Dimension für die Zusammenarbeit von Mensch und Maschine. Platbrood gerät dabei ins Schwärmen und erinnert sich: „Das war eine bahnbrechende Innovation. Zum einen, weil kollaborative Roboter wirklich mit und um den Menschen herum arbeiten können. Und zum anderen, weil ihre Bedienung sehr viel einfacher wurde. Heute erinnert die Programmierung von Robotern an den Umgang mit Apps auf dem Smartphone. Man muss heute nicht unbedingt ein Technikspezialist sein, um einen Roboter zu programmieren. Damit sinkt eine der größten Hürden für den Einsatz von Robotern.“ Obwohl Zäune in der Zusammenarbeit mit Leichtbaurobotern immer weniger erwünscht sind, bleibt Sicherheit weiterhin ein wichtiger Aspekt. Eine effektive Absicherung von Roboteranwendungen, gerade in der Kollaboration, soll nicht abschrecken, sondern Vertrauen erzeugen. Der Mensch, der in Interaktion mit dem Roboter ist, soll sich keine Gedanken um seine Sicherheit machen müssen. Deswegen ist eine Risikobeurteilung zu Beginn unabdingbar: „Wir müssen dafür das gesamte System betrachten, bis hin zum Endeffektor und dem Objekt, das er transportiert. Wenn der Roboter beispielsweise etwas Scharfkantiges trägt und das Ende des Roboterarms nicht ausreichend gesichert ist, kann das zu irreversiblen Verletzungen führen. Voraussetzung für eine ‚vertrauensvolle‘ Zusammenarbeit ist eine Risikobeurteilung und die daraus resultierenden risikomindernden Maßnahmen,“ sagt Fanny Platbrood und fügt hinzu: „Eine Anforderung für kollaborative Roboterapplikationen ist es, ein intelligenter Schutz des Endeffektors zu haben, um damit das Verletzungsrisiko deutlich zu minimieren. Das wäre ein absoluter Game-Changer, denn er ermöglicht viele weitere kollaborative Anwendungen.“

Mensch-Roboter-Kollaboration – wie sich unsere Arbeit verändert
Mensch-Roboter-Kollaboration – wie sich unsere Arbeit verändert
Mensch-Roboter-Kollaboration – wie sich unsere Arbeit verändert
Mensch-Roboter-Kollaboration – wie sich unsere Arbeit verändert

Sicherheit steigert Produktivität

Doch auch ein Blick auf die gesamte Arbeitssituation zeigt Optimierungspotenzial auf. In der Mensch-Roboter-Kollaboration muss kontinuierlich eine Geschwindigkeitsüberwachung erfolgen: Wenn sich eine Person dem Roboter nähert, muss er seine Geschwindigkeit reduzieren, vielleicht sogar komplett anhalten. Die gängigste Lösung sind heute auf Sicherheitslaserscanner basiert. Doch die Programmierung der Schutzfelder kann mit zunehmender Anzahl technisch komplex werden und ermöglicht keine Flexibilität in der Ausführung. Für die Produktmanagerin könnten 3D-Sicherheitskameras ein Lösungsansatz sein, die die gesamte Roboterapplikation überwachen und somit Bewegungen fließend erfassend. „Vermutlich wird die Lösung am Ende in einer Kombination verschiedener Technologien liegen, ein System, das einfach zu integrieren und konfigurieren ist. Gelingt uns dieser Schritt, wird es keine vorprogrammierte Arbeitsabläufe für Roboter geben, sondern sie entscheiden selbst je nach Umgebung und Anforderungen“, sagt sie.

Dass diese Entwicklung nicht mehr lange auf sich warten lässt, davon ist Fanny Platbrood überzeugt und fügt noch einen weiteren Aspekt hinzu, der die Kollaboration mit Robotern bereits grundlegend verändert hat und noch verändern wird: „Die Digitalisierung ermöglicht dazu noch eine viel dynamischere Entwicklung. Wir reden dann nicht mehr von einer Roboterapplikation, deren Produktivität wir durch die Sicherheit flexibler Arbeitsabläufe steigern, sondern von einem kompletten Netzwerk aus kollaborativen und stationären Robotern, aus AGVs, AMRs und Menschen, die in einem gesamten System zusammenarbeiten. Die Datenübertragung der Maschinen untereinander ermöglicht dann selbstbestimmte, der Situation angemessene Arbeitsabläufe. Sicherheit bedeutet in diesem Kontext nicht mehr die in Kauf genommene Verlangsamung von Prozessen, weil zum Beispiel Wartezeiten entstehen. Nein, Sicherheit macht das alles erst möglich. Und das ist für mich der heilige Gral der Mensch-Roboter-Kollaboration: Creating Safe Productivity - Wir wollen die Produktivität unserer Kunden steigern durch sichere, effiziente Prozesse.“

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