Onshore-Gasmessung mit FLOWSIC600

22.01.2018

Erdgas gehört in Holland zu den wichtigen Energien und nimmt fast die Hälfte im gesamten Energiemix ein. In Zeiten der Energiewende ist eine sinnvolle Gasproduktion wichtig. Schon kleine Gasfelder können die holländische Regierung in ihrer Energiepolitik unterstützen.

Deshalb werden die Gasquellen an Hollands Küste bis zum letzten Kubikzentimeter ausgepumpt. Speziell für die Messung dieser Restförderung hat Shell den Bau einer mobilen Messstation initiiert: KISS. So können Bohrlöcher je nach Bedarf angefahren und flexibel per transportierbarer Messschiene bestückt werden. Mittlerweile ist das Nachfolgermodel im Einsatz. KISS next: mit Neuerungen für eine stabile Gasmengenmessung, die erst mit dem Ultraschallgaszähler FLOWSIC600 von SICK möglich ist.

„Grundvoraussetzung hierfür ist die wirtschaftliche Produktion. Dazu gehört: Kosten senken, neue Technologien einsetzen und die Infrastruktur nutzen“, erläutert Ying Tang, Metering Engineer bei Shell im Gespräch mit Jörg Wenzel, Head of Product Marketing Services bei SICK.

 

 

Robuste Technik am Bohrloch

Das Gas wird aus bis zu 5000 Meter tiefen Onshore-Lagerstätten nach oben gepumpt. Dabei ist die hoch genaue Gas-Durchflussmessung gerade bei schwankenden Drücken von Nieder- bis Hochdruck zwingend notwendig. Dabei wird der Mengenmessung am Bohrloch auch durch die variablen Gaseigenschaften viel abverlangt.

Die Qualität des unbehandelten Gases schwankt in seiner Zusammensetzung je Lagerstätte – in jedem Fall ist es nass und enthält neben Wasser zusätzlich Kondensat. Auch Sand und Schmutz werden nach oben transportiert und verunreinigen das Gas. Die Temperaturen schwanken von ‒20 bis +115°C – Temperaturdrifts müssen bei der Messung also ausgeschlossen sein. Eine hohe Messlatte fordert die Gasmessung heraus und stellt Bedingungen an das Messgerät, an die Technologie, an die Installation und Wartung. Das Projekt ist nicht nur für Shell interessant, eines der größten Mineralöl- und Erdgasunternehmen der Welt – sondern für Gasproduzenten weltweit.

 

Um mehr zu erfahren, habe ich mich mit Ying Tang unterhalten, sie ist Metering Engineer bei Shell.

 

Was bedeutet "KISS - Keep It Smart & Simple" für Shell denn genau?

KISS ist eine kompakte und mobile Gasanlage, ungefähr 12 m lang, 2 m breit und 2 m hoch ‒ für kleinere Gasfelder. KISS wurde 2004 initiiert. Damit gelang Shell die Konstruktion einer innovativen Technologie zur Förderung von Erdgas auf kleinen Feldern – einfach, standardisiert und automatisiert bei reduzierten Produktions-, Inbetriebnahme- und Projektkosten. Ist ein Bohrloch versiegt, wird KISS auf den LKW geladen und zu einem anderen Bohrloch transportiert. Am Bohrloch aufgestellt, ist KISS schnell und direkt „Plug and Play“ mit Leitstellen verbunden. Diese steuern den Gasdurchfluss und überwachen Druck und Temperatur.

 

Wann hat Shell sich für den Ultraschall-Gaszähler von SICK entschieden?

Mit KISS next. Wenn man etwas Neues auf den Markt bringt, möchte man es noch weiter perfektionieren. Dringend optimieren mussten wir die Durchflussmessung. Die bisher eingesetzte Differenzdruckmessung mit Venturi schränkte den Durchflussbereich zu stark ein. Dadurch benötigten wir verschiedene Designs und es kam häufig zu Umbauarbeiten – bei schwankenden Durchflüssen. Eine zweckmäßige, praktikable Lösung musste gefunden werden: FLOWSIC600.

 

Wieso hat Shell sich für FLOWSIC600 entschieden?

Zusätzlich zu den Haupteigenschaften sollte das Messgerät ein breites Applikationsfeld abdecken und die Skid-Größe signifikant reduzieren. Wir haben mit einigen Herstellern gesprochen, um rechtzeitig die Anforderungen an die Zählerleistung auszuloten. Wir diskutierten über minimale Einlaufstrecken, Messeigenschaften von unbehandeltem und nassem Gas, von Wechselbedingungen im Prozess, von Geräuschen in Leitungen und über die sehr hohen Anforderungen an die Messgenauigkeit. Auf die Messung müssen wir uns verlassen können. Die Ultraschalltechnologie von SICK zeigte klare Vorteile gegenüber dem bisherigen Venturi-Durchflussmessprinzip.

 

Zum Beispiel?

Das direkte Pfadlayout von FLOWSIC600 ist wesentlich robuster in nassen und schmutzigen Gasgemischen als andere Technologien. Reflexionspfade zum Beispiel steigen früh aus, weil Dreck die Reflexion beeinflusst. Der FLOWSIC600 hat außerdem einen weit größeren Messbereich von 1:120, hält den Volumenanteil bei nasser Gasmessung von mehr als 1 Prozent ein (LVF<1 %) und hat zudem eine lange Lebensdauer. Das ist auch für einen störungsfreien Betrieb sehr wichtig.

 

Wie stellt Shell einen störungsfreien Betrieb sicher?

Die Technik, die wir einsetzen, muss zuverlässig sein. Vom Gaszähler erwarten wir, dass er langzeitstabil hochgenau misst. Selbst der Lärm des Druckreglers, der genau gegenüber dem Ultraschall-Gaszähler installiert ist, lässt den FLOWSIC600 sozusagen kalt – und der macht schon richtig Lärm. Sollte die Messung doch mal beeinflusst werden, müssen wir die Ursache zeitnah kennen. Nur so können wir schnell reagieren und Gegenmaßnahmen einleiten. Mit der Softwarelösung MEPAFLOW CBM von SICK bekommen wir einen benutzerfreundlichen Datenzugang zum FLOWSIC600 mit vielen Diagnosemöglichkeiten ‒ wie die Überprüfung des Signal-Rausch-Abstandes oder Verstärkungsparameter, deren Änderung auf Verschmutzung oder auf die Zunahme von CO2 hinweisen kann. Kündigen sich Beeinträchtigungen an, werden diese angezeigt, bevor sie die Messung beeinflussen. So realisieren wir höhere Fördermengen ohne Störung und Verzögerung. Und bestätigen den guten Ruf von Shell als zuverlässigen Lieferanten.

 

Also alles im Fluss – auch bei den gesetzlichen Vorgaben?

Natürlich. Der FLOWSIC600 hat alle relevanten Zertifikate für den Explosionsschutz. Zusätzlich sind die Vorgaben der ISO 17089 für die Ultraschall-Durchflussmessung zu erfüllen. In den Standards und bei Shell gibt es eine Klassifizierung von Messaufgaben, die verschiedene Genauigkeitsanforderungen beinhaltet. Bei Shell gibt es drei Klassen, wobei Klasse 1 für die eichpflichtige Großgasmessung vorgesehen ist und eine Unsicherheit unter 1 Prozent erlaubt. Klasse 2 ist für die steuerpflichtige Abrechnung zwischen Betriebsteilen mit Unsicherheit unter 2 Prozent. Klasse 3 ist typisch für den Bereich Gasproduktion nahe am Bohrloch mit max. 10 Prozent Messunsicherheit.

Mit FLOWSIC600 erreichen wir Klasse 2 trotz der Flüssigkeitsanteile im Gas. Damit können wir die Messschienen noch vielseitiger einsetzen. Die lokalen Behörden können sogar einen Pfad entfernen, um die Klasse 2 zu erreichen. Der FLOWSIC600 ist mit seinen vier Messpfaden MID zertifiziert.

 

Wie lange ist so eine mobile Messstation in Betrieb? Und verkaufen Sie KISS auch an andere Mineralölgesellschaften?

KISS ist auf eine Lebenszeit von 25 Jahren konzipiert. Alle Skids sind auf Lager abrufbereit. KISS, KISS next oder Chemical Injection skids. Wir haben momentan fünf von den geplanten 12 KISS next-Einheiten gebaut. Mit KISS next ist das Anlagendesign noch schlanker und kosteneffizienter und auch die Mobilität ist noch komfortabler geworden. Durch die standardisierte High-level Vorfertigung ist der Aufbau vor-Ort innerhalb von ein bis zwei Wochen möglich. Zurzeit wissen wir eher von wenig Standortwechseln fertiger Skids – das wird sich in naher Zukunft aber ändern, wenn Gesellschaften ihre Felder sozusagen eins nach dem anderen abarbeiten. Mit den FLOWSIC600 Gaszählern kann jetzt sogar eine Gruppe von Bohrlöchern mit ein und demselben Skid bedient werden. Das ist der hohen Messpanne von über 1:150 zu verdanken.

 

Shell und SICK haben Fakten geschaffen – und am Ende steht der Erfolg?

Die mobile Gasanlage gehört schon zu den erwähnenswerten Anlagenentwicklungen. Ohne diese innovative Entwicklung würde wohl viel Erdgas ungenutzt unter der Erde bleiben. Klein aber fein regelt der KISS skid auf kleinen Erdgasfeldern die Gasströmung, steuert und überwacht Durchfluss, Druck und Temperatur. Die großartige Anlagentechnologie geht einher mit geringen Investitionsausgaben und Betriebskosten – das ist schon bemerkenswert. Mit dem robusten und kompakten Ultraschall-Gaszähler FLOWSIC600 decken wir einen enormen Durchflussbereich zuverlässig ab, haben eine permanente Selbstüberwachung mit intelligenter Gerätediagnose und eine Messung mit hoher Langzeitstabilität.

 

 

Jörg Wenzel

Head of Product Marketing Services Flow Measurement

Jörg Wenzel ist seit 2011 im Bereich Durchflussmessgeräte und Gaszähler für SICK tätig, unter anderem als Gruppenleiter Produktmanagement. Seit 2016 verantwortet er das Marketing für diesen Bereich. Mit seinem Team und dem Produktmanagement arbeitet er maßgeblich an der Marktpositionierung neuer Produkte und innovativer Lösungen.

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