Die Zukunft vorbereiten: Messung von wasserstoffangereichertem Erdgas und reinem Wasserstoff

27.04.2023

Die Ultraschall-Durchflussmessgeräte von SICK sind schon heute in der Lage, Erdgas-Wasserstoffgemische zuverlässig zu messen. An einer Lösung für die eichfähige Messung von reinem Wasserstoff wird intensiv gearbeitet.

Bei der Dekarbonisierung spielen erneuerbare Energien eine wichtige Rolle. Zwar wird Erdgas noch viele Jahre ein wichtiger Energieträger bleiben, doch rückt Wasserstoff vermehrt in den Fokus – nicht zuletzt, weil er überschüssige Solar- und Windenergie nutzbar machen kann. Für die Wasserstoffnutzung spricht seit der Energiekrise im Jahr 2022 auch ein wirtschaftliches Argument, da die Kosten für Energie allgemein deutlich höher liegen sowie die Ausgaben für CO2-Emissionen die Verwendung fossiler Brennstoffe immer teurer machen. „Insgesamt steigt der Druck auf alle beteiligten Player der Energiewirtschaft, schneller zu handeln“, sagt Jörg Wenzel, Head of Unit Marketing Cluster Cleaner Industries bei der SICK AG.

Reiner Wasserstoff im Blick

SICK ist hier einen entscheidenden Schritt voraus: Schon heute können die Gasdurchflusszähler Erdgas-Wasserstoff-Gemische messen, obwohl sich durch den beigemischten Wasserstoff die Eigenschaften des Gases – zum Beispiel Dichte, Viskosität, Explosivität, Strömungs- und Schallgeschwindigkeiten – deutlich verändern. „Im Gegensatz zu vielen anderen Gasdurchflusszählern misst die Ultraschalltechnologie unserer FLOWSIC-Geräte wasserstoffhaltiges Erdgas genauso zuverlässig und stabil wie Erdgas ohne Wasserstoff und kann etwaige Messunsicherheiten ausgleichen“, erklärt Jörg Wenzel. „Zugelassen sind unsere Geräte für Wasserstoffbeimischungen von 30 Prozent.“

Neben der Wasserstoffbeimischung im Erdgasnetz wird zukünftig die Nutzung von 100 Prozent Wasserstoff an Bedeutung gewinnen. Netze zum Transport von Wasserstoff gibt es bereits für die industrielle Nutzung. Soll reiner Wasserstoff jedoch intensiver als Energieträger genutzt werden, braucht es dafür eine fiskale Messung. Lösungen für die prozessuale Messung sind vorhanden, diese nehmen jedoch deutlich höhere Messtoleranzen in Kauf als eine fiskale Messung, die viel genauer sein muss – eine Herausforderung, die SICK nur zu gerne angenommen hat: „Wir entwickeln derzeit spezielle Ultraschallsensoren, welche in den zukünftigen Gaszählern für die fiskale Messung von reinem Wasserstoff zum Einsatz kommen“, bestätigt Wenzel.

Dabei gilt es eine Vielzahl von Faktoren zu beachten, von denen einige noch gar nicht zweifelsfrei erforscht bzw. definiert sind. So müssen Wasserstoffnetze spezielle, im Vergleich zum Erdgasnetz deutlich höhere Auflagen erfüllen: Das hochflüchtige Gas erfordert spezielle Leitungen, Kompressoren, Dichtungen, Pipelines und Ventile. Es herrscht die strengste Explosionsschutzklasse, und die Durchflussgeschwindigkeit wird wahrscheinlich deutlich höher sein, um den im Vergleich zu Erdgas geringeren Brennwert auszugleichen. „Was das für die Infrastruktur, die Komponenten des Netzes und damit auch unsere Messtechnik bedeutet, ist noch gar nicht ganz klar. Diese Einflüsse müssen wir bei unseren Entwicklungen jedoch berücksichtigen“, sagt Moritz Siegfried, Head of Product Management – Hydrogen.

Um hier am Puls der Zeit zu sein, engagiert sich SICK in internationalen Arbeits- und Forschungsprojekten, die mit Hochdruck an neuen Normen, Regularien und Zertifizierungen rund um Wasserstoff arbeiten. So ist zum Beispiel derzeit noch nicht klar, wie die Kalibriering und Eichung der Wasserstoff-Messgeräte erfolgen soll. Ein zentrales Thema für den Messtechnik-Hersteller: „Unser Ziel ist es, uns hier stark einzubringen und diese Fragen gemeinsam mit anderen wichtigen Playern zu beantworten“, betont Moritz Siegfried. Eine ganzheitliche, rundum weitsichtige Herangehensweise also – man könnte fast sagen, „typisch SICK“.
Für das gesamte Team ist es die einzig wahre: „Wir bei SICK nehmen nicht einfach ein Gerät, das wir haben, und widmen es für Wasserstoff um, sondern entwickeln komplett neu – unter Berücksichtigung aller Faktoren“, sagt Wenzel. Und es wird nicht nur bei einem Flowmeter bleiben: „Wir betrachten die Aufgabenstellung ganzheitlich und denken nicht in Produkten, sondern in Lösungen. Dabei spielt neben der eichfähigen Durchflussmessung auch die Reinheitsbestimmung von Wasserstoff eine wichtige Rolle“, ergänzt Siegfried. Ziel ist es, bis 2024 ein Angebot für die fiskale Messung von reinem Wasserstoff auf den Markt zu bringen.

SICK ist Teil der Initiative HYINHEAT

SICK engagiert sich als eines von 28 Mitgliedern in der neu gegründeten Initiative HYINHEAT, die im Jahr 2022 ausgearbeitet wurde und im Januar 2023 die Arbeit aufgenommen hat. HYINHEAT hat das Ziel, effiziente Wasserstoff-Verbrennungssysteme zur Dekarbonisierung von Heiz- und Schmelzprozessen der Aluminium- und Stahlbranche zu etablieren. Das umfasst die gesamte Prozesskette: Es gilt, Feuerungen und Ausrüstungen wie Brenner oder Mess- und Regeltechnik wie auch die Infrastruktur neu zu konzipieren bzw. zu modifizieren. Konkret wird das Vorgehen an acht Öfen umgesetzt. Koordiniert wird es von der RWTH Aachen, Mitglieder sind zum Beispiel Arcelor Mittal (einer der größten Stahlhersteller der Welt), Linde und SSAB. Das Projekt mit einer Laufzeit von 48 Monaten ist Teil des Processes4Planet-Research-Association-Programm und wird von der EU mit 18 Millionen Euro gefördert.

Interaktive Grafik: Sensorlösungen für saubere Industrien

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