Automatisierung in der Galvanik: effizienteres Produkt-Controlling dank ortungsbasierter Lösung

04.03.2024

Die digitale Revolution ist in vollem Gange. Kein Wunder: Eine automatisierte Prozessstruktur, von der selbst manuelle Vorgänge profitieren, bedeutet nicht nur eine deutliche Kostenersparnis. Sie steigert auch die Produktivität und verbessert die Transparenz. Eine attraktive Aussicht für viele Branchenakteure – so auch für die JentnerGroup. Auf der Suche nach einer Möglichkeit, um seine Workflows zu automatisieren und gleichzeitig alle damit verbundenen Vorgänge zu tracken, stieß das Unternehmen auf das Tag-LOC System von SICK. Das System wurde speziell für die Ortung und Nachverfolgung von Material, Ladungsträgern und Flurförderfahrzeugen in Echtzeit entwickelt.

Eine automatisierte Prozessstruktur spart Kosten, steigert die Produktivität und verbessert die Transparenz.
Eine automatisierte Prozessstruktur spart Kosten, steigert die Produktivität und verbessert die Transparenz.

RFID-Technologie als erster Schritt

Die in Pforzheim, Deutschland, ansässige JentnerGroup ist ein führender Dienstleister im Bereich Lohngalvanik und Metallveredelung. Damit das auch so bleibt, geht das Unternehmen in der galvanischen Veredelung neue Wege. In einem ersten Schritt in Richtung vollständiger Automatisierung wurde das bestehende BDE-System (Betriebsdatenerfassung) im Sommer 2019 um RFID-Technologie (Radio Frequency Identification) ergänzt – ein erster Meilenstein war geschafft.

 

UWB-Technologie als logische Konsequenz

Auch wenn damit schon viel erreicht war, wünschte sich das Unternehmen die zusätzliche Möglichkeit einer anlagenweiten Echtzeitlokalisierung mit einer Ortungsgenauigkeit im Dezimeterbereich. Da die RFID-Technik hier an ihre Grenzen stieß, erfolgte 2022 die Umstellung auf UWB-Sensortechnologie (Ultrabreitband) in Form des Tag-LOC Systems von SICK.

 

Das Tag-LOC-System von SICK wird von der JentnerGroup eingesetzt.
Das Tag-LOC-System von SICK wird von der JentnerGroup eingesetzt.

Zusammenspiel aus Tag-LOC System und Asset Analytics

Bei der JentnerGroup kam das System von SICK zunächst in der Trommelgalvanik zum Einsatz. Die Antennen über den Galvanikstraßen empfangen die Signale der Tags an den Galvaniktrommeln. Die Zeitstempel werden an die Softwareplattform Asset Analytics übertragen und ermöglichen damit die automatische Identifikation sämtlicher Produktionsteile sowie die Berechnung und Nachverfolgung ihrer Position während des gesamten mehrstufigen Galvanikprozesses. Über Asset Analytics lassen sich zudem sensorbasierte Daten durch die Einbindung von RFID- oder Barcode-Systemen erfassen und zu prozessrelevanten Informationen weiterverarbeiten.

Engineering Tools
Software zur Digitalisierung von Shopfloor-Assets
Asset Analytics
Systemlösungen
Exaktes Lokalisieren, Verfolgen und Verwalten von Assets
Tag-LOC System
Tag-LOC sendet bei Erkennung bestimmter Vorgänge eine Ereignismeldung an das Jentner Smart Plating System (JSPS).

Damit profitiert die JentnerGroup auf Basis einer technologieunabhängigen Software von umfangreichen Daten zum Materialfluss und behält über eine zentrale Bedienoberfläche alles im Blick. Konkret bedeutet das: Sobald eine Trommel oder ein Warengestell mit einem eindeutig identifizierbaren UWB-Tag den Bereich oberhalb eines Elektrolyt- oder Spülbeckens betritt oder verlässt, erkennt das Tag-LOC-System diesen Vorgang anhand der Positionsdaten und schickt eine entsprechende Ereignismeldung an das eigenentwickelte JSPS (Jentner Smart Plating System, ehemals BDE). Über dieses intelligente System werden je nach Oberfläche und gewünschter Schichtdicke die spezifischen Einstellwerte für den jeweiligen Artikel berechnet und an den Gleichrichter übermittelt, woraufhin der Galvanikprozess automatisch startet. Ein manuelles Eingreifen ist nicht mehr notwendig, und alle wichtigen Daten werden gespeichert und für mögliche Auswertungen aufbereitet. Für die Anbindung von Asset Analytics an das JSPS fiel zudem keinerlei Entwicklungsaufwand an, da alles bequem über individuell konfigurierbare JSON-Webhooks gesteuert wird. So lassen sich nutzerspezifische Informationen für die Enter- und Exit-Events an jede http-fähige Gegenstelle senden und empfangen.

Robert Schröder, Product Manager Location Solutions bei SICK, der das Projekt als Consultant begleitet, fasst zusammen: „Jederzeit zu wissen, welcher Teil der Ware sich innerhalb des Workflows an welcher Stelle befindet, ermöglicht dem Kunden ein Predictive Processing mit stets aktuellen Vorhersagen der prognostizierten Liefermengen und -zeitpunkte.“

 

Ein Hersteller – zahlreiche Möglichkeiten

Damit ist der Grundstein für ein effizienteres Produkt-Controlling gelegt. Sämtliche qualitätsrelevanten Informationen und Spezifika der Galvanisierungsschritte werden in eine digitale Produktionsakte übertragen. Neben der Genauigkeit und Reichweite verbessert sich im Vergleich zum bisherigen System auch die Flexibilität, während ein hoher Energieverbrauch und Interferenzen mit anderen Funksystemen der Vergangenheit angehören. Darüber hinaus umfasst das SICK-Angebot noch weitere Produkte, die sich in anderen Bereichen wie Wareneingang, Zwischenlager und Kommissionierung einsetzen lassen. Diese Gelegenheit ließ sich auch die JentnerGroup nicht entgehen und implementierte neben dem Tag-LOC System noch zusätzliche SICK-Lösungen: Mit der 3D-Snapshot-Kamera Visionary-T können Abfragen im Logistikbereich unternommen werden, um zu überprüfen, ob die Ware angekommen und am vorgesehenen Palettenplatz steht. Die entsprechenden Informationen gehen ebenfalls an Asset Analytics und werden zusammen mit den Positionsdaten weiterverarbeitet und visualisiert, damit das Personal jederzeit auf dem aktuellsten Stand ist. Zusätzlich lassen sich individuelle Meldungen zum anstehenden Wareneingang per Webhook über verschiedene Kanäle versenden (z. B. via E-Mail oder Teams). Für das automatisierte Handling von Medizinbesteck mithilfe eines Cobots in einer Prüfzelle wird im Rahmen des Projekts Prometheus zudem die 2D-Vision-Kamera InspectorP63x eingesetzt, um Anomalien an beschichteten medizinischen Werkzeugen zu ermitteln.

 

Industrielle Bildverarbeitung
All-in-One-Vision-Sensor mit flexibler Optik und robustem Gehäuse
InspectorP63x
Nie war 3D-Vision einfacher
Visionary-T Mini
Die JentnerGroup integrierte das Tac-LOG System, die 3D-Snapshot-Kamera Visionary-T und die 2D-Vision-Kamera InspectorP63x.
Die JentnerGroup integrierte das Tac-LOG System, die 3D-Snapshot-Kamera Visionary-T und die 2D-Vision-Kamera InspectorP63x.

Die nächsten Schritte

Als Teil ihrer digitalen Transformation setzt die JentnerGroup dieses Digitalisierungskonzept zusammen mit SICK auch am neuen Standort um, der kürzlich in Betrieb genommen wurde. Auf 4.000 Quadratmetern Produktionsfläche für reine hochwertige Handgalvanik kommt moderne digitale Gleichrichtertechnik zum Einsatz. Die Tag-LOC-Systemlösung umfasst dabei 26 Antennen, die 104 Bäder, zwei Trockner, acht Bestückungsarbeitsplätze und vier temporäre Lagerflächen für Roh- und Fertigungsmaterial überwachen.

Marcel Scheidig, Head of Technology bei der JentnerGroup, bringt es auf den Punkt: „Mit unserer neuen Produktionshalle und den vielfältigen Einsatzmöglichkeiten des Tag-LOC Systems in Kombination mit der 3D-Vision-Kamera zur automatisierten Wareneingangserkennung und der KI-Kamera für unseren Cobot von SICK sind wir nun perfekt aufgestellt. Wir haben unsere Datenströme komplett vernetzt, sodass wir unseren Kunden für jedes ihrer in Handarbeit beschichteten Werkstücke eine vollumfängliche, transparente digitale Produktionsakte mit allen relevanten Einflussgrößen und Parametern zur Verfügung stellen und ihnen darüber hinaus noch den CO2-Fußabdruck ihrer Beschichtung mitgeben können.“

Marcel Scheidig, Head of Technology bei der JentnerGroup
Marcel Scheidig, Head of Technology bei der JentnerGroup
Marcel Scheidig, Head of Technology bei der JentnerGroup
Marcel Scheidig, Head of Technology bei der JentnerGroup

 

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